Partner
Services
Statistiken
Wir
Die Apokalyptischen Reiter / Turisas / Akrea - Oberhausen, Turbinenhalle - 07.04.2011
Mit dem starken neuen Album "Moral & Wahnsinn" im Gepäck machen DIE APOKALYPTISCHEN REITER Halt in der Turbinenhalle in Oberhausen. Mit dabei: die deutsche Melodic-Death-Metal-Kapelle AKREA sowie die Finnen TURISAS mit ihrem ureigenen Battle Metal. Die Turbinenhalle ist an diesem Donnerstag abend ordentlich gefüllt und offensichtlich haben sich jede Menge Spaßmetaller eingefunden, denn gleich mehrfach zieht sich eine lange Polonaise durch die ersten Reihen.
Um kurz nach 20 Uhr legen zunächst AKREA los. Bis auf das graue Shirt vom bärtigen Sänger Sebastian Panzer stilsicher unifarben schwarz gekleidet betreten die Süddeutschen die breite Bühne und legen mit dem Opener des guten neuen Albums "Lügenkabinett" los. Der deutschsprachige, melodische Death Metal kommt beim Publikum ziemlich gut an und so erntet man schon für "Vier Sonnen" weit mehr als nur Höflichkeitsapplaus. Die kleinen Podeste auf der Bühne werden von den Musikern rege zum Posen frequentiert und auch die Matten fliegen kontinuierlich. "Guten Tag" und das flotte "Imperium" folgen und während Reiter-Sänger Fuchs sich das Treiben vom Bühnenrand aus anguckt, zirkulieren im Volk erste kleinere Pits. Auch zum Mitklatschen bei "Auf los geht’s los" lässt sich die Meute nicht zweimal bitten und so freuen sich AKREA über den regen Zuspruch, den sie an diesem Abend erhalten. "Dieser Klang" mit seinem anfänglichen Slayer-Riff überzeugt genauso wie "Tribock", zu dem sich das erste Mal an diesem Abend zum großen Erstaunen der Band eine Polonaise bildet. Den Abschluss eines überaus gelungenen Auftritts mit passablem Sound und gutem Licht machen "Meteor" und das ältere "Ahnenrausch". Zwar profitieren AKREA auch von der Feierlaune des Publikums, nichtsdestotrotz zeigt der Auftritt, dass die Band zu den besseren Newcomern aus deutschen Landen zählt. Nach dem Auftritt steht die sympathische Band am Merchandise dann noch für Bilder und einen Plausch zur Verfügung.
"Stand Up And Fight" heißt das dritte Album von TURISAS und die Scheibe polarisiert. Während die Fans der Band den Umschwenk in Richtung noch mehr Bombastkitsch ganz und gar nicht übel nehmen, stößt die neue Marschrichtung bei jenen, die die Band bisher eigentlich nur ganz amüsant fanden, weitestgehend auf Ablehnung. So auch beim Verfasser dieser Zeilen, der gespannt ist, ob der Abwärtstrend auch auf der Bühne vollzogen wird. Das vorweggenommene Fazit lautet klar und deutlich "jein". Denn unterhaltsam ist das Geschehen auf der Bühne allemal, lediglich die musikalische Umsetzung lässt zu Wünschen übrig. Das fängt damit an, dass man nur mit einer Gitarre auftritt, dementsprechend ist der Sound etwas dünn. Groß ist das Entsetzen, als im Opener "To Holmgard And Beyond" (welcher immer noch der beste Song der Truppe ist) ein Solo ertönt, obwohl Gitarrist Jussi Wickström offensichtlich keines spielt. Doch kommt die Musik in diesem Moment nicht vom Band, sondern vom agilen Geiger Olli Vänskä, der alle Soli auf seinem Instrument spielt. Während des Songs zieht wiederum eine lustige Polonaise durch die Reihen – wenn's Spaß macht… Bei "Once More", dem Hit vom Debütalbum "Battle Metal" ist Hüpfen angesagt, danach folgt mit "The March Of The Varangian Guard" der erste Song des neuen Albums. Frontmann Warlord Nygård erweist sich während der ganzen Show (der Begriff Auftritt ist hier irgendwie fehl am Platze) als Meister der ganz großen Posen, was man durchaus albern finden darf, trotzdem passt es zum Zirkus, den die Band veranstaltet. Seine Lobrede auf deutsches Bier wird vom Publikum mit "Beer, Beer"-Rufen honoriert und lustig wird es dann sogar, als er versucht, herauszufinden, was es mit dem Ökotest-Siegel auf seiner Flasche auf sich hat. Wie leider heutzutage üblich wenn jüngeres Publikum anwesend ist, wird die Wall Of Death gefordert, die es dann zum rockigen "The Great Escape" zum ersten Mal gibt. Nach dem Titeltrack der neuen Scheibe folgt dann erstmal ein minutenlanges Aufteilen des Publikums in zwei Gruppen, die dann gegeneinander ihre Stimmkraft unter Beweis stellen sollen – und zwar zur Melodie vom danach folgenden Cover des Boney M.-Hits "Rasputin". Und wenn man schon mal in zwei Gruppen aufgeteilt ist, kann man ja direkt auch noch eine Wall Of Death starten… das stilprägende "Battle Metal" beendet dann einen Auftritt, der mit gerade mal sieben Songs musikalisch etwas mager ausfällt – mit einem bisschen weniger Gelaber vom Warlord hätte man auch noch einen Song mehr spielen können. Während der bereits erwähnte Geiger sowie die gut sitzenden, teils vierstimmigen Chöre noch am ehesten zu Gefallen wissen, kommt man nicht herum festzustellen, dass das alles ein bisschen zu viel substanzloser Tamtam ist, was TURISAS inzwischen zu bieten haben.
Ganz anders sieht es da beim Headliner aus, denn DIE APOKALYPTISCHEN REITER verbinden inhaltlich Humor und Anspruch mit überaus eigenständiger Musik, einer starken instrumentalen Performance und jeder Menge Action auf der Bühne – und das, ohne auch nur eine Sekunde lang albern zu wirken. Das Hauptaugenmerk liegt in der Setlist natürlich auf dem neuen Album, das dann auch mit neun Songs ungewöhnlich stark gewürdigt wird. Was aber nicht negativ zu verstehen ist, denn live funktioniert das neue Material nämlich richtig gut. Dazwischen finden sich immer wieder Songs der drei Alben davor, erst zum Ende des Hauptblocks findet sich mit "Der kleine Wicht" eine Nummer vom "Have A Nice Trip"-Album, ältere Songs gab es nicht zu hören. Was wiederum auch nicht schlimm ist, denn auch mit ausschließlich neueren Songs bieten die Reiter eine mitreissende Show. Sänger Fuchs erscheint zunächt mit seiner Zirkusdirektor-Jacke auf der Bühne und spornt das abgehende Publikum mit seinen Gesten immer wieder an, während Basser Volk-Man und Gitarrist Ady die Haare schütteln. Wie üblich springt Keyboarder Dr. Pest im Lederoutfit und die Peitsche schwingend über die Bühne, sein Instrument hat er dieses Mal mit einem Schaukasten verkleidet, in dem er abgetrennte Gliedmaßen per Kurbel auf und ab bewegen kann. "Die Boten" eröffnet das Spektakel und zum Ende des Songs werden glitzernde Schnipsel ins Publikum gefeuert. "Gib Dich hin" fordert die Band von jedem einzelnen im Publikum, das wiederum hoch erfreut die Teilung in zwei Gruppen mitsamt des folgenden Aufeinanderzurennens ausführt. "Es wird schlimmer"? Aber klar doch. Zur "Revolution" schwenkt Fuchs die große Reiter-Fahne, während beim überraschend gespielten "Der Teufel" die Bühne in rotes Licht getaucht wird und der Sänger diabolische Fratzen zieht. Eine Stehlampe aus Omas Wohnzimmer dekoriert die Bühne beim herrlichen "Dr. Pest", danach erschallt Händels "Halleluja" in der Halle – Zeit für die Band, sich kurz umzuziehen. Zum Titeltrack des neuen Albums kommen Ady und Volk-Man im langen Ledermantel und mit Gasmaske auf die Bühne, während Fuchs im weißen Jesus-Outfit predigt und zum Ende des Songs hin eine Kanone auf das Publikum richtet und abfeuert – doch statt irgendeiner Schweinerei regnet es wieder nur Silberschnipsel. Auf jeden Fall eine sehr coole, zum Text des Songs perfekt passende Performance. Etwas ruhiger geht es dann mit "Wir reiten" weiter, bevor die Frage nach "Hammer oder Amboss" gestellt wird. Danach wird "Der Weg" in den Endspurt geebnet, bevor "Der Adler" in die Luft geht. "Dir gehört nichts" und "Der kleine Wicht" beenden den ersten Teil nach knapp 70 Minuten, selbstverständlich wird lautstark nach Zugaben verlangt. Die erste ist "Ein liebes Lied", zum "Seemann" wird dann eine attraktive Dame aus dem Publikum auf die Bühne geholt, die zwar zunächst etwas schüchtern wirkt, aber dann mit Eifer die rote Matte schwingt. Nach "Roll My Heart" verlässt die Band erneut die Bühne, wird aber umgehend zurück beordert und spielt zunächst "Riders On The Storm", bevor das Publikum den letzten Song aus den Optionen "Unter der Asche", "Terra Nola", "Iron Fist" und "Die Sonne scheint" per Applaus auswählen darf. Und angesichts der Tatsache, dass die Leute heute vor allem Spaß haben wollen und Ernsthaftigkeit weniger gefragt ist, fällt der Applaus bei "Die Sonne scheint" am lautesten aus. Nun ja. Als großer Liebhaber der Alben "All You Need Is Love" und "Have A Nice Trip" könnte man ganz subjektiv ein kleines bisschen enttäuscht ob der Songauswahl sein. Muss man aber nicht, den objektiv sind DIE APOKALYPTISCHEN REITER derzeit in blendender Verfassung und liefern eine mehr als nur überzeugende Headliner-Show ab.
Fotos: Thorsten Schulz